Fragen an Betriebsleiter Martin Knab, Dipl. Ing. Weinbau
Lieber Martin, seit 25 Jahren wirkst Du jetzt im Weingut Schönhals in Biebelnheim. Zeit für ein Resümee.
1. Wie bist du gestartet?
Das Weingut Schönhals ist meine vierte Wirkungsstätte nach meinem Weinbaustudium in Geisenheim. Seit Kindesbeinen ist der Weinbau für mich prägend. Aufgewachsen bin ich im elterlichen Weingut am Kaiserstuhl, dann folgte eine Lehre, das Studium und meine erste Anstellung in Rheinhessen. Meine Ausrichtung galt von Anfang an dem Ökologischen Weinbau. Das hat mich dann auch zu den Pionieren hingezogen; beim Weingut Brüder Dr. Becker in Ludwigshöhe war mein Debüt als Ökowinzer. In Uelversheim konnte ich verantwortlich ein Weingut auf ökologischen Anbau umstellen.
Bei Eugen Schönhals war der ökologische Weinbau schon seit nahezu 10 Jahren etabliert. Er brauchte Unterstützung im Keller, Anbau und Vermarktung – das war 1995. Die ersten drei Jahre nach meinem Start, hatten wir wegen Hagel & Spätfrösten eine sehr geringe Ernte. Das war aus finanzieller Sicht nicht ganz einfach, aber es hat auf der menschlichen Ebene gepasst und wir haben diese Durststrecke gut gemeistert.
Martin Knab im Weingut Schönhals – ein Leben für den Wein
Martin Knab – ein Leben lang Leidenschaft für Wein
2. Was hast du vorgefunden?
Was ich vorgefunden habe, war die gleiche Begeisterung für diese neuen, wilden Rebsorten. Heute nennen wir sie „Zukunftsweine“ Eugen hatte schon 1990 den ersten „Piwi“-Weinberg mit Rondo angepflanzt. Meine Passion für die widerstandsfähigen Reben wurde während des Studiums entfacht. In dieser Zeit pflanzte ich im elterlichen Betrieb 2000 Stöcke der Weißweinsorte „Hibernal“. 1996 kam in Biebelnheim der erste Regent-Weinberg, 1997 dann Saphira. In diesen Jahren war aber Rotwein angesagt. Da wir mit „den Roten“ immer ausverkauft waren, musste der Rebsortenspiegel weiter bereinigt werden. Die sogenannten Bukettsorten Morio-Muskat, Ortega und Bacchus kamen in die Geschichtsbücher. Die Dornfelderfläche, damals auf seinem Höhenflug, der erste tiefdunkle deutsche Rotwein, wurde erweitert.
Für mich als Badener war jedoch der Spätburgunder beim Rotwein das Maß aller Dinge. Und so begannen wir schon 1996 die ersten Spätburgunder ins Barrique zu legen. Auf einer mehrtägigen Exkursion ins Burgund, dem Epizentrum der besten Pinot Noirs, lernte ich viel über die Barrique Herstellung und die Vinifikation im kleinen Holzfass. Und schnell war klar, um mit Spätburgunder Spitzenergebnisse zu erzielen, brauchen wir andere Spätburgunder-Klone; klein und lockerbeerig, mit wenig bis moderatem Ertragspotential. Gesagt – getan: 2001 wurden die Spitzen-Spätburgunder gepflanzt, ein Jahr später kam, um die Burgunderfamilie zu stärken, der Weißburgunder dazu.
3. Wie waren deine persönlichen Erwartungen?
Die Beziehung zu Eugen war von Anfang an auf Augenhöhe. Wir machten beide unsere Arbeit mit großer Übereinstimmung und gegenseitiger Wertschätzung. Es gab von Beginn an Raum für Familie und persönliche Weiterentwicklung. Dass ich die ersten Jahre in Biebelnheim in Teilzeit arbeiten konnte und Zeit für unsere 4 Kinder und Hausmann-Dasein hatte, war sehr besonders. Heute wird es Work-Life-Balance genannt – das wurde schon vor 25 Jahren hier in Biebelnheim gelebt – auch hier war das Weingut mit Eugen Vorreiter und alles war sehr menschlich.
4. Was ist gewachsen? Was hat sich entwickelt in dieser Zeit?
25 Jahre sind eine lange Zeit, da kann man schon so einiges anstellen. Erheblich gesteigert hat sich im Laufe der Jahre die Weinqualität und damit auch unser Vermarktungsnetz.
Unsere Spätburgunder waren anfänglich ein Geheimtipp bei den Privatkunden, inzwischen haben sich unsere Pinot Noirs einen guten Ruf bei der Weinpresse und einen Platz im gehobenen Fachhandel erobert. Gewachsen ist auch zu vielen Kunden eine gute, oft auch persönliche Beziehung. Eugen hatte schon früh einen Privatkundenstamm aufgebaut. Anfangs hatten wir nur wenige Fachhändler. Diesen Bereich auszubauen, war vor allem mein Part. Entstanden ist ein solides Netz aus Weinhandlungen, von Hamburg bis Güstrow, von Saarbrücken bis Obergünzburg im Allgäu. Seit über 20 Jahren sind dies verlässliche Partner, welche die Qualität unserer Weine zu schätzen wissen.
Gewachsen ist in dieser Zeit auch eine sehr enge Beziehung zu allen Mitgliedern der Familie Schönhals. Als ich im Weingut startete war Hanneke 14 Jahre alt. Heute ist sie meine Chefin. Mit Ihr hat das Ritual des gemeinsamen Mittagstischs Einzug gehalten. Gekocht wird reihum, das bringt sehr viel Abwechslung mit. Der Hof entwickelt sich mit dem dynamischen Paar Hanneke und Christoph noch mehr zu einer lebendigen Gemeinschaft. Dass die Schwiegereltern meines Sohnes auch auf dem Weingut wohnen, ist eher kein Zufall und bereichert das Hofleben sehr.
Martin Knab und Eugen Schönhals erfreuen sich am Rondo 2009
Martin Knab: Pinot-Meister und Piwi-Pionier
5. Worauf bist du besonders stolz?
– Das unsere Pinot Noir Weine auch in den Niederlanden, Dänemark und sogar im fernen Japan Freunde gefunden haben
– Auf unsere Pionierleistung bei den PIWIs. Aktuell liegt der Piwi-Anteil unserer Rebflächen bei nahezu 25% dieser neuen, zukunftsfähigen Rebsorten (www.zukunftsweine.de).
– Auf unsere gesunden Böden: aktuelle Bodenanalysen haben gezeigt, dass die Humuswerte auf konstant hohem Niveau sind. Humus ist besonders für die Wasserhaltefähigkeit eines Bodens wichtig. Gleichzeitig wird auch Co2 gespeichert.
6. Wenn du zurückblickst, gibt es Entscheidungen, die du/ihr aus heutiger Sicht anders machen würden?
Aus wirtschaftlicher Sicht haben wir es versäumt, parallel zu den noch unbekannten Piwi-Weinen, die Sorte Grauburgunder in das Sortiment zu nehmen. Weißburgunder ist meiner Ansicht jedoch der Elegantere der beiden Burgundersorten und das Entwickeln eines neuen Weinstils mit noch unbekannten Weinen war einfach spannender. Es hat einfach seine Zeit gebraucht bis die Akzeptanz für unbekannte Sorten bei den Kunden da war. Heute wird Saphira und Cabernet Blanc als Orangewein vor allem auch vom Fachhandel geordert.
7. Wie ist deine momentane Situation?
Das Weingut Schönhals wächst stetig und organisch. Das entspricht mir sehr. In anderen Unternehmen werden Arbeitskräfte eingespart; wir haben mit Hannekes Mann Christoph seit Anfang des Jahres einen kreativen Kopf und zwei anpackende Hände mehr. Das macht unseren Alltag lebendiger.
Es bedeutet mehr Absprachen und Teamarbeit auf der einen Seite, aber auch Entlastung und mehr Zeit um mich noch intensiver auf die Lenkung der qualitätssteigernden Maßnahmen beim Weinan- und Ausbau zu konzentrieren. Mit der Demeter Zertifizierung im Jahr 2019 erweiterte sich auch die Sicht auf den Hof als Gesamtorganismus und der Rhythmus der Jahreszeiten wird uns noch bewusster.
Am Ende des Reifeprozesses steht die Ernte
8. Ausblick: Was möchtest du noch mitgestalten?
Gerne den angefangen Weg mit neuen, wilden und zukunftsfähigen Rebsorten weitergehen. Souvigner Gris (eine Weißweinsorte) steht schon ganz oben auf der Agenda. Die Rebsortenwahl ist die entscheidende Frage. Mit Piwis kann der CO2-Footprint um mindestens die Hälfte verringert werden. Ich kann mir vorstellen, die Rebfläche in den kommenden Jahren von 25 auf 75 % Piwianteil zu erhöhen. Der Klimawandel ist in vollem Gange. Die Herausforderung ist, unsere Wirtschaftsweise diesem Wandel anzupassen und gleichzeitig soviel wie nötig und so wenig wie möglich diese Prozesse zu beschleunigen.
Wir investieren und sanieren im kommenden Jahr unseren Weinkeller und planen einen neuen Barrique-Lagerraum. Ich freue mich sehr, bei diesem Projekt meine langjährigen Erfahrungen als Kellermeister und Weinmacher einzubringen. Das wird auf jeden Fall nochmal einen Qualitätsschub für die Schönhals Weine geben.
Martin Knab im Advent 2020