Orange Wine – die verrückte vierte Weinart
Weißwein, Rotwein, Rosé… Diese drei Weinarten können wir noch überblicken. Aber jetzt gibt es auf einmal eine vierte Weinart – den Orange Wine! Weißwein ist weiß, Rotwein ist rot, Rosé ist rosa – Orange Wine ist orange. Ok, soweit so gut. Aber wo kommt die orangene Farbe her, wie macht man so einen Wein und das allerwichtigste – wie schmeckt das? Darüber berichte ich in folgendem Blogartikel.
Die „Sisters in wine“ sind Hanneke und Elske Schönhals. Sie lieben Wein und arbeiten damit –
genau so individuell, wie sie selbst sind. Hanneke ist die Frau der Tat und kreiert lebendige Weine in ihrem Bioweingut in Rheinhessen. Elske ist die Entdeckerin und und nimmt Menschen auf ihrem Blog mit auf die Reise zu ihrem persönlichen Weingeschmack. Jeden Monat veröffentlichen sie unabhängig voneinander einen Blogartikel zu einem gemeinsamen Thema.
Orange Wine – Liebe auf den zweiten Schluck
Als rheinhessische Winzerin musste ich doch tatsächlich erst mal zwei Nächte durch die Berliner Weinbars ziehen den Orange Wine zu entdecken. In Berlin – wo’s keine Reben gibt!! Da bekam ich einen Wein ins Glas geschenkt, der tatsächlich orangefarben war. „Aaaaah ein oxidierter Wein – Hilfe, das kann nicht schmecken“ – war mein erster Panik-Gedanke. Und die ersten Male war ich auch total überrumpelt von diesem ungewöhnlichen Geschmack, dem ich einfach keine Schublade geben konnte. Geschmacklich irgendwas zwischen kräftigem Rotwein, naturtrübem Äppler und reifem Weißwein. Aber diese Weine haben mich gepackt, nicht mehr losgelassen und in der zweiten Nacht habe ich sie dann bereits lieben gelernt.
Grundlagenwissen: die vier Weinarten leicht erklärt
Um Orange Wine zu verstehen ist es sinnvoll, erst einmal zu erfahren, wie die anderen Weinarten hergestellt werden. Daher erkläre ich im Folgenden die vier Weinarten. Diese Übersicht ist natürlich extrem vereinfacht, aber hilfreich für das grobe Verständnis:
- Weißwein: Die Beere wird direkt ausgepresst und nur der Saft wird vergoren.
- Rotwein: Die Beere wird nicht ausgepresst, sondern gemeinsam mit dem Saft vergoren – durch die Gärung werden rote Farbe und Gerbstoffe aus der Beerenhaut extrahiert. Das nennt man auch Maischegärung. So wird der Wein rot und kräftig.
- Roséwein: Die Beerenhaut und der Saft bleiben eine kurze Zeit zusammen. Ein bisschen Farbe und Gerbstoffe werden extrahiert. Danach wird die Beere ausgepresst und der Saft endvergoren. So kommt nur ein bisschen Farbe in den Wein und er wird „rosa“, bzw. lachsfarben.
- Orange Wine: Die weiße Traube wird (wie beim Rotwein) nicht ausgepresst, sondern gemeinsam mit dem Saft vergoren. Durch die alkoholische Gärung werden auch aus der weißen Beerenhaut die Gerb- und Farbstoffe freigesetzt. Also auch hier macht man eine Maischegärung, analog zum Rotwein. So bekommt der Wein seine orangene Farbe.
Wie ich meinen ersten Orange Wine produzierte
Die legendären Berliner Nächte mit Orange Wine sind schon einige Jahre her und nachdem mich das Thema nicht mehr losließ, musste ich unbedingt selbst einen Orange Wine herstellen. Die Wahl der Rebsorte fiel mir nicht schwer. Wir haben im Weingut Schönhals eine neue Rebsorte im Anbau „Cabernet Blanc“, eine PiWi-Rebsorte. Ein Weißwein-Traube, die aber eine Züchtungstochter aus einer Rotweintraube, dem „Cabernet Sauvignon“ ist. Und so hat der Cabernet Blanc -als Kind einer Rotweintraube- extrem viel Potential an Aroma- und Gerbstoffen in der Beerenhaut. Perfekt also für eine Maischegärung! Nach spannenden betriebs-internen Diskussionen konnte ich mir 300 kg Cabernet Blanc-Trauben während der Ernte sichern. Die habe ich dann in einem Behälter separat gehalten und nicht abgepresst. Die Beeren wurden also mit Beerenhaut, Kernen und Saft gemeinsam spontan vergoren. Und erst nachdem die Gärung abgeschlossen war, habe ich alles sanft gepresst und den Wein in ein kleines Barriquefass (225 Liter Eichenholzfass) gelegt.
Nach einem halben Jahr Reifung im Fass wurde der Wein ohne Zugabe von Schwefel und unfiltriert abgefüllt. Und…. waow – was für ein Aroma! Wir waren alle überrumpelt von dem Ergebnis! Sogar mein Vater, der dem Thema Anfangs sehr skeptisch gegenüber war, ist mittlerweile ein großer Fan von diesem Wein.
Dementsprechend haben wir im Folgejahr 2017 zwei Barrique-Fässchen gefüllt und die Liste mit Vorbestellungen hat sich schnell gefüllt. Auch schön als Winzerin, wenn sich das was man von Herzen gerne macht gut verkauft
So schmeckt der Orange Wine
Unser ORANJE, Orange Wine aus Cabernet Blanc hat eine ausgeprägte Wildkräuter-Aromatik. Daneben spielt ein Hauch von Anis auf der Zunge, begleitet von einer fülligen Frucht. Der Wein entfaltet sich im Glas nach einer Weile schon neu und überrascht darüber hinaus nochmal nach 3-4 Tagen geöffneter Flasche.
Dieser Wein ist grandios als Essensbegleiter und entsprechend findet man Orange Wines auf den Weinkarten der gehobenen Welt-Gastronomie wieder. Hier ein paar Ideen zum ORANJE aus meiner eigenen Küche: Humus mit Koriander, Spinat-Quiche, Rote Beete, glasierte Möhren, Walnuss, nussiges Rindfleisch, geräucherter Fisch, komme was wolle – er wirbelt alles durcheinander und würzt neu -betont, unterstreicht, rundet ab – immer geeignet für eine kreative, individuelle Küche. Durch seine Wildkräuter-Aromatik gibt es kaum ein Gericht zu dem dieser Wein nicht passt. Denn er kann immer eine Geschmacksnote in seiner vielfältigen Aromatik widerspiegeln.
Dies ist der Link zu Elskes [Sisters in wine] April-Artikel:
[Sisters in wine] Orange wine: Erweitere deinen Horizont und erkunde die neue, alte Weinfarbe
Ich bin selbst schon total gespannt, was sie geschrieben hat! Wenn du mehr von uns sehen möchtest, dann folge unserem #sistersinwine Projekt auf Instagram: @sistersinwine